Baumeister als Sammler

ab-f-003-028, Foto: Marta Hoepffner,1946

Willi Baumeisters Sammlung alter und außereuropäischer Kulturen umfasst rund 250 Objekte. Erstaunlich ist dabei die Breite der Kollektion hinsichtlich der Kulturkreise und Zeiträume, aber auch mit Blick auf die funktionale wie handwerkliche Vielfalt der Figuren, Masken und anderen Artefakte.

Die verschiedenen Teile der Sammlung waren eine Inspirationsquelle für ihn, aus der er für seine Kunst schöpfte. Er betonte, dass eine besondere Rolle den alten Mythen ganz Vorderasiens zukommt, in denen "Urkräfte des Lebens" zum Ausdruck kommen, die der Mensch der Gegenwart aufnehmen kann.

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Der Beginn des großen Interesses Baumeisters an außereuropäischer Kunst ist nicht genau festzustellen.

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Baumeister hatte auch an frühantiken Kleinskulpturen aus dem Mittelmeer und an ägyptischen Uschebtis besonderes Interesse. Es folgen in seiner Sammlung Fossilien, vorzeitliche Gefäße, Steinbeile. In der Zeit, als Baumeister als Professor an der Städtischen Kunstgewerbeschule (Städelschule) in Frankfurt lehrte, nahm er die Möglichkeit wahr, Vorträge des Schweizer Kulturhistorikers Hans Mühlestein zu besuchen. Dieser hielt Seminare zur Ur- und Vorgeschichte der Menschheit und war wiederum ein Verehrer der Kunst Willi Baumeisters.

Dem alten Orient war Baumeister besonders verbunden. Die Stücke seiner Sammlung bedeuteten ihm sehr viel und vor allem in den Dreißiger Jahren war sein Interesse an diesem Kulturkreis äußerst groß, als er begeistert die Erfahrungsberichte des Archäologen Leonard Woolley las, wie etwa "Ur und die Sintflut" und "Vor 5000 Jahren". Auch das "Harfen"-Motiv in einigen seiner Werke um 1945 ist den "Leiern aus Ur" entlehnt.

Baumeister liebte auch die Kunst der alten Ägypter. Er rechnete diese Kunst zur - wie er es ausdrückte - "unmittelbaren Malerei", die aus elementaren Formen als "Elementen des Ausdrucks" aufgebaut sei. Es finden sich einige Uschebtis aus Holz in seiner Sammlung sowie zwei bronzene Osiris-Figuren.

Willi Baumeisters Interesse richtete sich auch auf eine kleine Mumien-Kartonage, an der ihn besonders die typisch unperspektivische Darstellungsweise fesselte: "der Kopf im Profil, das Auge von vorn, die Schultern von vorn, Gürtel und Gesäß von der Seite..." (Baumeister, 1947)

Die Weisheit des Ostens, die fernöstliche Philosophie sowie die Kunst Ostasiens sprachen den Künstler besonders an. Seine Sammlung enthält 46 Objekte asiatischer Herkunft, darunter auch eine kleine Kollektion chinesischer und japanischer Holzschnitte. Das wichtigste Objekt darunter war für ihn das Rollbild in Tusche auf Papier aus dem 19. Jahrhundert mit dem Schriftzeichen shou (für Langes Leben), das er 1941 von Dr. Kurt Herberts als Geschenk erhalten hatte.

Baumeister besaß einige Kunstwerke Altamerikas aus der präkolumbischen Zeit, aus Mittelamerika sowie aus altperuanischen Kulturen. Viele Objekte stammen aus einer Phase, die dem Inkareich noch vorausging. Selbst in der Mimik mancher Figuren ist die Zeichenhaftigkeit so ausgeprägt, dass man Baumeisters Interesse an dieser Kultur nachvollziehen kann. Außerdem sammelte er altperuanisches Gewebe.

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Ein Schwerpunkt der Sammlung ist der Bestand an ozeanischen Gegenständen, die aus dem Sepik-Gebiet Neuguineas stammen. Hierzu zählen unter anderem ein schwerer Kampfschild von 1,4 Meter Höhe und ein nur wenig kleinerer Zeremonial-(Tanz)schild.